100 Milliarden für die Jugend!

Die Preise steigen überall. Ob man sich nach der Berufsschule oder der Vorlesung zum Essen oder am Abend zum Ausgehen verabredet, überlegt man sich mittlerweile zweimal. Beim Einkauf, in der Freizeit, beim Wohnen oder Heizen – wir kommen an unsere finanziellen Grenzen. Gleichzeitig sagen uns Politiker wie Christian Lindner (FDP) oder Robert Habeck (GRÜNE), dass wir uns auf noch härtere Zeiten im Winter vorbereiten müssten. Wie lange wollen wir uns das noch gefallen lassen?

Die Preise, die schon seit Jahren steigen, werden jedoch nicht nur durch Lieferengpässe oder Knappheit von Gütern in die Höhe getrieben. Vielmehr sind es die Spekulationen der großen Konzerne wie SHELL und ARAL oder RWE und VATTENFALL, die sich in dieser Zeit dumm und dämlich verdienen. Sie alle haben ihre Gewinnerwartungen um mehrere Milliarden Euro und Dollar erhöht. Doch alle Maßnahmen der Bundesregierung – seien es die vollkommen unzureichenden Entlastungspakete und Einmalzahlungen, der Tankrabatt oder jetzt die Gaspreisbremse – all diese Maßnahmen verschieben noch weiter Gelder in die Kassen der Energiekonzerne. Entweder geht das Geld direkt für die Stromrechnung oder an der Tankstelle drauf.  Gleichzeitig wird auch darüber diskutiert, ob man nicht noch mehr Energie durch Kohle und Atomkraft auf Kosten der Umwelt gewinnen sollte.

Der Krieg in der Ukraine wird von der Bundesregierung als Vorwand missbraucht, um uns Geld aus den Taschen zu ziehen und damit die Konten der Reichen noch weiter zu füllen. Und nicht nur dafür. Auch wird der Krieg in der Ukraine als Vorwand dafür genutzt, in Deutschland massiv aufzurüsten: durch ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. 100 Milliarden Euro für Panzer, U-Boote und Kampfjets, die auch Atomwaffen tragen können und alles andere als Frieden schaffen. Während die Waffenindustrie angesichts der zu erwartenden Aufträge lacht, fehlt das Geld an vielen anderen Stellen, bei denen wir auch noch selbst zuzahlen müssen: in der Gesundheit, der Bildung und im sozialen Bereich.

Wir sehen also: das Geld ist da, aber nicht für uns! Das 9-Euro-Ticket sei „zu teuer“ (obwohl es drei Monate durchaus möglich war), bei der Energie werden wir zur Kasse gebeten, die Mieten werden nicht gedeckelt und Ausbildungsvergütungen und BAföG bleiben zu niedrig. Wir sollen den Gürtel enger schnallen und an allen Enden verzichten, während die Konzerne sich die Taschen vollmachen.

So kann es nicht weitergehen. Wenn wir als Jugend nicht selbst in die aktuelle Lage eingreifen, werden sich einige Wenige weiterhin auf Kosten unserer Zukunft bereichern. Deshalb müssen wir aktiv werden: im Betrieb und im Stadtteil, in der Schule und an der Universität. Und auf der Straße! Lasst uns 100 Milliarden nicht für die Bundeswehr, nicht für die Energie- und Waffenkonzerne, sondern für uns Jugendliche fordern!

Wir fordern:

Stoppt die Aufrüstung

100 Milliarden für kostenlose Bildung, Gesundheit und soziale Infrastruktur statt für Krieg und Zerstörung!

Weiterführung des 9-Euro-Tickets

als erster Schritt für einen kostenlosen ÖPNV!

Einmalzahlungen sind NICHT GENUG!

wir brauchen eine dauerhafte Erhöhung der Löhne, der Ausbildungsvergütungen sowie freien Zugang zu einem angemessen BAföG – ohne Rückzahlung!

Keine Profite auf unserem Rücken

wir fordern die entschädigungslose Enteignung der Energiekonzerne!

Preisdeckel

für Energieprodukte wie Gas und Benzin, für Lebensmittel und Miete auf dem Niveau des Jahres 2020!

Spielt nicht mit unserer Zukunft

massiver Ausbau von erneuerbarer Energie statt dem Weiterbetrieb von AKWs und Kohlegruben!

100 Milliarden für …

… Azubis und junge Arbeiter:innen

Auch vor uns Azubis und jungen Arbeiter:innen macht die aktuelle Krise keinen Halt. Ganz im Gegenteil, wir spüren sie mit voller Wucht. Auch schon vor den enormen Preissteigerungen war unsere Situation schlecht. Viele von uns wussten auch schon vorher nicht, wie sie mit ihrer geringen Ausbildungsvergütung oder dem Lohn den gesamten Monat auskommen sollen. Doch nun wird alles auch noch teurer – der Wocheneinkauf, das Tanken, der Ausgleich in der Freizeit. Die Löhne, die schon vorher kaum gereicht haben, um den Monat zu überstehen, sind in dieser Krise für uns nicht mehr haltbar. Denn für uns ist klar, wenn die Kosten steigen, brauchen wir auch Löhne, die steigen. Statt Einmalzahlungen, wie sie aktuell diskutiert werden, brauchen wir als Arbeiter:innen und Azubis kräftige Lohnsteigerungen. Es liegt in unserer Hand, Verluste zu verhindern und einen Reallohnzuwachs zu erkämpfen. Denn Einmalzahlungen mögen für den Moment schön klingen, doch langfristig verzichten wir damit auf höhere Löhne.

Unter dem Vorwand von Corona wurden zahlreiche Ausbildungsplätze abgebaut. Ohne Abitur werden die Chancen auf einen guten Ausbildungsplatz immer schlechter. Doch für uns steht fest: Ausbildung geht nur krisensicher! Jede:r von uns muss das Recht haben, eine Ausbildung in dem gewünschten Bereich zu machen. Dafür muss die Ausbildung besser vergütet werden. Denn in der aktuellen Situation kann man sich eine Ausbildung kaum noch leisten. Immer mehr Azubis müssen sich einen zweiten Job suchen. Wir brauchen einen sofortigen Anstieg der Ausbildungsvergütungen in den Tarifverhandlungen, aber auch eine höhere Mindestausbildungsvergütung. Denn auch wir, als junge Arbeiter:innen und Azubis müssen die steigenden Kosten bezahlen.

Auch nach unserer Ausbildung hören die Probleme nicht auf. Viele von uns erhalten nach der Ausbildung nur befristete Verträge und hangeln sich von Job zu Job. Wir wollen auch in dieser Situation unser Leben planen können. Aus diesem Grund brauchen wir eine unbefristete Übernahme! Beschäftigungsverhältnisse, wie Leiharbeit drängen uns in Armut und drücken unsere Löhne. Aus diesem Grund fordern wir das Verbot von Leih- und Zeitarbeit.

Wir organisieren uns im Betrieb, an der Berufsschule und in der Gewerkschaft. Gegen Inflation und Krise ist es jetzt an der Zeit unsere Forderungen auf die Straßen zu tragen und Arbeitskämpfe mitzugestalten. Für uns, für die arbeitende Jugend!

… Studierende

Die Parteien der Ampelregierung prahlen damit, 100 Milliarden für eine starke Armee locker gemacht zu haben. Doch wo bleibt das Geld für die Bildung? Wir Studierende sehen uns in unserer Existenz bedroht. Viele von uns werden sich das Studieren in den nächsten Semestern nicht mehr leisten können. Schon jetzt sind über 30% aller Studierenden von Armut betroffen, 40% müssen ihre langfristigen Berufspläne drastisch überdenken. Da BAföG schon lange nicht mehr allen das Studieren ermöglicht, sind drei Viertel aller Studierenden auf einen Nebenjob angewiesen. Vielen von uns wird ihr Recht auf Bildung verwehrt, wenn sie selbst dieser Nebenjob in der Krise nicht über Wasser halten kann – gerade auch aufgrund der steigenden Wohnkosten und fehlender Wohnheimplätze. Dass die Einmalzahlungen bei weitem nicht ausreichen, um die Preissteigerungen auszugleichen, ist allen klar. Dem können wir nur unsere Forderungen entgegenstellen: Chancengleichheit und Bildungsgleichheit heißt, dass Bildung für alle kostenlos zugänglich sein muss. Dazu brauchen wir auch bezahlbare Mensapreisepreise und eine Steigung der BAföG-Sätze, sodass die Bedürfnisse von allen Studierenden gedeckt werden.

Auf der anderen Seite leidet auch die Lehre an den Universitäten stetig an Unterfinanzierung, den Dozierenden sind die Mittel genommen und unser Studium wird unkritischer und frontaler. Die Unterfinanzierung vertieft die Abhängigkeit von Drittmitteln, wodurch die Lehre an den Interessen ihrer Sponsoren orientiert wird. Während sich Unternehmen in die Lehre einkaufen, werden schon die ersten Stimmen dafür laut, die sowieso schon sehr unverbindliche Zivilklausel an einigen deutschen Universitäten aufzuheben. Das würde bedeuten, dass sich diese Universitäten für die Militärforschung öffnen würden. Wir brauchen jedoch eine verbindliche Zivilklausel und ausreichende Finanzierung aller Universitäten für eine unabhängige und kritische Lehre.

Ganz konkret wird das Studium durch den Mangel an Geldern unzugänglicher: Häufig werden Professuren eingespart, Tutorien oder ganze Bereiche der Studiengänge fallen weg. Durch den Mangel an Studienplätzen werden die NCs unerreichbar. Wir haben ein Recht auf gute Bildung!

… Schüler:innen

Seit schon mehreren Jahren stellen wir Schüler:innen gegenüber dem Bildungssystem in Deutschland Forderungen auf, die größtenteils ignoriert, oder nicht beachtet werden. Nun kommt hinzu, dass aufgrund von Inflation und Krieg das Sondervermögen seitens der Regierung im Grundgesetz eingeführt wurde – 100 Mrd. Euro in Waffen, Bundeswehr und Krieg zu investieren. Es ist doch fraglich anzumuten, woher die BRD die Menge an Geld auftreiben will und weshalb diese Summe nicht viel eher in Bildungseinrichtungen investiert werden, wo sie bereits seit Jahren fehlt. Viele Schüler:innen fühlen sich vom Staat nicht wahrgenommen, da ihre Bedürfnisse und Erwartungen gezielt ignoriert werden. Auch kommt es nun öfters vor, dass die Mehrheit der Jugend sich gegen die Waffenrüstung der BRD stellt, weil wir in Kriegen keine Zukunft sehen! Und weil die Kriege nicht in unserem Namen geführt werden dürfen!

In den Schulen besteht weiterhin das Problem, dass Lehrkräfte fehlen, Quereinsteiger:innen nicht genügend pädagogische Ausbildung erhalten, Kinder aus Familien mit geringem Einkommen/Familien ohne akademische Ausbildung an schulische Förderung fehlen, Schulutensilien veraltet oder teilweise nicht benutzbar sind und das die technische Ausrichtung nicht vollkommen ist (wie z.B. erneuerte Computer, Tablettes, W-LAN, funktionstüchtige Schullaptops).

In Zeiten des Corona-Lockdowns haben wir Schüler:innen mit sehr schlechter Ausstattung und die Anforderungen des Lehrplans  erfüllen  müssen. Zu dieser Zeit wurde wieder deutlich, wie wenig der Staat für die Weiterbildung der Jugend ausgibt. Daher ist es umso mehr von Nöten die 100 Mrd. nicht in Militär, sondern in unsere Bildung zu investieren. Durch die Pandemie haben wir Schüler:innen einen höheren Schuldruck erleiden müssen, da die Zukunftsangst in Zeiten der Unsicherheit uns zunehmend bedrängt hat. Schließlich wird in den Schulen genau so viel von uns erwartet, wie die Leitungen vor der Pandemie. In den letzten Jahren war es die Pandemie und heute ist es der Krieg. Wir sehen, dass unsere Bildung von allen Seiten angegriffen wird und es daher an uns liegt sich für sie einzusetzen und unsere Bedürfnisse in den Vordergrund zu rücken!  Das wichtigste Grundorgan einer funktionierenden Gesellschaft, welche keinen diskriminieren oder ausschließen soll, ist unsere Bildung und diese wird eindeutig vernachlässigt. Deutschland behaart darauf sich als fortschrittlich auszugeben, doch wie fortschrittlich ist es Bildung und Aufklärung hinter Waffen und Kriege zu stellen? Wir brauchen bessere Ausstattung der Schulen, Umstrukturierung der Lehrpläne nach den Bedürfnissen der Schüler:innen und Bildung für alle!

… die Umwelt

Klimastreiks und der gesellschaftliche Diskurs zeigen, die Menschen haben ein Interesse an einer intakten und lebenswerten Umwelt für jetzt und auch für die Zukunft. Wissenschaftlich ist schon längst belegt und auch Statistiken veranschaulichen: Private Haushalte sind nicht für den hohen CO2-Ausstoß verantwortlich, der letztlich den Klimawandel ermöglicht. Ein Blick auf die unterschiedlichen Wirtschaftssektoren zeigt, dass insbesondere die Produktion von Energie, der Industriesektor und der Verkehr die mit Abstand größten CO2-Produzenten sind.

Wenn das Klima geschützt und die Forderungen des Pariser Klimaabkommens umgesetzt werden sollen, muss das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas enden. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Energiewende, die die einzige Antwort auf die Klimakrise in Deutschland sein kann. Anders kann die Erderwärmung auf 1,5 Grad nicht begrenzt werden.

Der Klimawandel schreitet sehr schnell voran, zu lange wurde der Klimaschutz vertagt. Jetzt braucht es radikale Antworten, um das Schlimmste zu verhindern. Bis 2040 muss Deutschland klimaneutral werden, dazu ist es erforderlich bis spätestens 2035 Strom allein aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Spätestens bis 2040 müssen der Verkehr und der Wärmesektor auf erneuerbare Energien umgestellt werden.

Bis dahin ist es aber leider noch ein sehr weiter Weg. Das zeigt der aktuelle Zustand: 2020 wurden gerade mal 17% des gesamten deutschen Energieverbrauchs von erneuerbaren Energien gedeckt. Bereits jetzt kann man jedoch sehen, dass die Erzeugung von erneuerbaren Energien nachhaltiger und vor allem kostengünstiger ist als fossile und nukleare Energieträger.

Die Energiewende muss gegen jene Konzerne durchgesetzt werden, die von der aktuellen Umwelt- und Energiepolitik profitieren. Anstatt also weiter in Kriege, Waffen und den weiteren Ausbau von fossilen Infrastrukturen zu investieren, die lebensfeindlich sind, wird sich jeder Cent in den Umbau in eine lebenswerte Zukunft auszahlen! Dafür gehören auch sofortige Investitionen in einen bezahlbaren und gut ausgebauten ÖPNV, der die Nutzung von Autos überflüssig macht und eine wirkliche Alternative ist.

… Frauen

Wir wissen genau, was uns Frauen fehlt und für was genau wir die 100 Milliarden dringend brauchen würden. Die Inflation trifft uns alle, aber Frauen, die ohnehin schon deutlich weniger verdienen und alleinerziehende Mütter, die mit 2,1 Millionen deutlich die Mehrheit der Alleinerziehenden ausmachen, trifft die Inflation besonders stark. Frauen verdienten im Jahr 2021 pro Stunde weiterhin 18 % weniger als Männer. Schwerwiegender ist die Tatsache, wie sich diese Situation auf die Rente auswirkt, denn die geschlechtsspezifische Rentenlücke beträgt 56,6%. Besonders jetzt während der Inflation wird für uns deutlich: nicht die Symptome müssen bekämpft werden, sondern die Ursachen. Denn die Probleme sind keine Neuen, sie wurden durch die Inflation lediglich verstärkt. Das gilt auch für junge Frauen, die nach dem Berufseinstieg schneller in Teilzeit gehen oder durch die vermeintliche Wahl zwischen Familie und Karriere unter Druck gesetzt werden.

Die Istanbul-Konvention wird in Deutschland noch immer nicht ausreichend umgesetzt. Hinzu kommen Mängel wie nicht ausreichend beleuchtete Straßen und mangelnde Verfolgung von Übergriffen auf der Arbeit. Wir fordern, dass das Geld in den Ausbau von Frauenhäusern sowie Schutz- und Beratungsstellen investiert wird, denn die Wartelisten sind lang und die Beratungsstellen nicht ausreichend. Keine Frau, die vor Gewalt flüchten muss, hat diese Zeit!

Am 24. Juni 2022 wurde der Paragraf 219a aufgehoben, welcher das Werben für Schwangerschaftsabbrüche kriminalisierte. Als Werbung galt hier beispielsweise schon das Veröffentlichen von Informationen über den Ablauf des Abbruchs auf den Internetseiten der Gynäkolog:innen. Die Streichung ist die Konsequenz des jahrelangen Kampfes der Frauenbewegung in Deutschland. Dennoch: Schwangerschaftsabbrüche sind weiterhin strafbar – es drohen bis zu 3 Jahren Haft oder Geldstrafen. Lediglich in Ausnahmefällen werden bis zur 12. Schwangerschaftswoche Abbrüche durchgeführt. Wir brauchen die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen – sie sind ein Menschenrecht! Wir fordern die Streichung von Paragraf 218, 218a und 219!

… Antirassismus

Die Jugend in Deutschland ist stark betroffen von Rassismus, der sowohl in Form von Alltagsrassismus als auch in Institutionen und Strukturen vorkommt.

Wir haben vor allem in den letzten Jahren gesehen, wie sehr wir von Rassismus innerhalb unseres Alltags, in der Schule, Universität oder auf der Arbeit betroffen sind. Aufgrund von Generalverdacht Angst vor einer Polizeikontrolle haben, Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche, in der Schule tagtäglich mit sozialer und kultureller Benachteiligung konfrontiert werden, in der Universität Klausuren nicht bestehen oder 100 Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz, weil der Name und die Herkunft nicht passen. Die Liste ist lang. Strukturelle und institutionelle Ungleichheiten erschweren uns Jugendlichen nicht nur das Leben, sondern sie sind auch Nährboden für rechte Gewalt. Denn staatlicher und alltäglicher Rassismus bedingen einander. Diesem Umstand wird mit Desinteresse und vor allem Ignoranz des Staates entgegenkommen. Deswegen haben wir als Bevölkerung und vor allem als Jugend die letzten Jahre gemerkt, dass wir nur aus eigener Initiative rassistischen Strukturen entgegenwirken können. Wir können lautstark unsere Forderungen aufstellen, die gehört werden müssen. Wir haben das zum Beispiel im Untersuchungsausschuss für den rassistischen Anschlag in Hanau gesehen. Die Aufdeckung der Hintergründe dieser Tat ist unter anderem der Initiative von antirassistischen Organisationen und Gruppen zu verdanken, die bis heute für eine lückenlose Aufklärung kämpfen, weil die Behörden auch hier in jeglicher Hinsicht versagten. Wir brauchen unabhängige Initiativen, hinter denen Menschen stecken, die dem Rassismus den Kampf ansagen! Deswegen fordern wir eine Förderung des Kampfes gegen Rassismus!

In den letzten Jahren gab es etliche Beispiele hierzulande, wie unter anderem Jugendliche von rassistischer Polizeigewalt betroffen sind. Die Vorfälle häufen sich und die meisten bleiben ungeklärt, unaufgedeckt oder totgeschwiegen. Auch hier besteht ein institutionelles und strukturelles Problem der Polizei, welches dementsprechend behandelt werden muss. Solange die Ermittlungen gegen gewaltvolle Einsätze der Polizei durch die Polizei selbst geschehen, wäscht eine Hand die andere. Polizeiliche Straftaten dürfen nicht mehr selbst von der Polizei untersucht werden. Es braucht unabhängige Kontrollen und Beschwerdestellen. Dabei muss den Betroffenen und Angehörigen ein Recht für die Beschwerde und deren Beteiligung an dem Verfahren garantiert werden. Außerdem eine Garantie eines öffentlichen Verfahrens, welches auf der einen Seite die Gewalt ans Tageslicht bringt und der Gesellschaft eine Transparenz bietet. Wir als Jugend sind in unserem sozialen Lebensbereich davon betroffen, ob es nun eine Ausweiskontrolle im Auto ist, ein Verdrängen von unserem sozialen Raum oder durch willkürlichen Generalverdacht aufgrund von unserer sozialen und kulturellen Herkunft. Deswegen fordern wir die Finanzierung von unabhängigen Beschwerdestellen, damit wir einen wichtigen Schritt für den Kampf gegen strukturellen Rassismus machen können.

… den Frieden

Die von Bundestag und Bundesrat beschlossenen 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr, die zum ersten Mal in der berühmten Zeitenwende-Rede von Kanzler Scholz drei Tage nach dem Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine gefordert wurden, stellen einen entscheidenden Umbruch in der Militarisierungsdebatte der Bundesrepublik dar. Im Zuge der ersten Phase des Krieges wurde uns wochenlang in die Köpfe eingehämmert, dass das Sondervermögen für unsere Sicherheit, für die Sicherheit der Ukraine, für die Sicherung der demokratischen Welt insgesamt, gegen Putin und für unsere Zukunft, für die Zukunft unserer Jugend und unserer Nachfahren notwendig sei. Ergänzt wurde die Atmosphäre der Angst mit Bildern einer kaputtgesparten Bundeswehr, die in der Gesellschaft viel zu wenig geschätzt werde und es deshalb umso wichtiger sei, den Beruf der Soldat:innen wieder attraktiver und angesehener zu machen. Verteidigungsministerin Lambrecht unterstrich dieses Anliegen, indem sie für eine größere Akzeptanz des Militärs in der Gesellschaft appellierte. Für sie fängt die großangelegte Aufrüstung der Bundeswehr aber nicht in der Brieftasche, „sondern im Kopf“ an.

Seit der Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 wirbt die Bundeswehr verstärkt im öffentlichen Raum. Neben Reklametafeln in Bahnhöfen und Bushaltestellen und dem kostenlosen Bahnfahren von Menschen in Uniformen (damit auch ein jeder sieht, wie normal Menschen in Uniform sind!), ist einer der Hauptschauplätze ihrer Kampagnen die Schule. Seit Jahren gehen Jugendoffiziere der Bundeswehr in die weiterführenden Schulen ein und aus und versuchen, junge Menschen für eine Karriere beim Militär zu begeistern und wenn möglich, zu gewinnen. Dabei steht neben dem scheinbar üppigen finanziellen Verdienst auch die Selbstverwirklichung im Vordergrund der Agitation und Propaganda. Deine Fähigkeiten und Interessen, die du womöglich in der Schulzeit entwickelst, sollen für militärische und damit in letzter Instanz kriegerische Zwecke eingesetzt werden. Die Aussetzung der Wehrpflicht kann zudem wieder rückgängig gemacht werden, wenn sich zu wenige junge Leute bereit erklären, sich zu verpflichten.

Die Erneuerung und Aufrüstung der Bundeswehr mit ihrer Akzeptanz in der Gesellschaft und Jugend ist kein Selbstzweck, sondern verfolgt das Ziel, Deutschland wieder zu einer militärischen Führungsmacht in Europa zu machen. Aufgrund des aktuellen Kriegsgeschehens in der Ukraine und der sich verschärfenden Interessenskonflikte zwischen USA und China, ist die Bundesregierung mit ihren Alliierten in der EU gewillt, einen eigenständigeren Kurs zu fahren. Eine schlagkräftige Armee, wie sie Lindner fordert, scheint ein geeignetes Anfangsziel. Denn auch die deutsche Wirtschaft muss ihre Position auf dem Weltmarkt verteidigen und ausbauen und bedarf eines handlungsfähigen Staates mit einer effektiven Armee. Die Energiekrise zeigt die Notwendigkeit auf, den zukünftigen Verteilungskampf um Ressourcen, Liefer- und Produktionsketten von seltenen Erden, Metallen usw. zugunsten der eigenen Konzerne zu führen. Wir, die keine Eigentümer oder Großaktionäre von EON, VW und co., sind, werden für ihre Profitinteressen in den Krieg geschickt. Das lassen wir nicht zu!